In diesem Kapitel wollen wir uns mit dem bisher
erfolglosen Versuch beschäftigen, eine Erweiterung, oder wenn man so will eine
Verallgemeinerung, der Allgemeinen Relativitätstheorie zu finden. Auf den
ersten Blick ist nicht ganz einzusehen, warum man das wohl vollkommenste
Theoriegebäude der Theoretischen Physik durch ein paar Anbauten erweitern
sollte. Aber gerade diese Vollkommenheit und Freiheit jeder Willkür der AR lädt
zu einem Weiterdenken ein. Die AR erweitern zu wollen, birgt, wie wir noch sehen
werden, die große Gefahr, sich in einem unübersichtlichen und baufälligen
Bastelwerk zu verirren. Aber um welche Art der Erweiterung bemühen sich so
viele Physiker? Bis heute sind vier grundlegende Kräfte bekannt (
Die
vier Grundkräfte):
- Gravitation (AR)
- Elektromagnetische Wechselwirkung
- Schwache Wechselwirkung
- Starke Wechselwirkung
Ziel der Theoretischen Physik ist es, diese vier Kräfte unter einen mathematischen
Hut zu bringen. Maxwell gelang es, die elektrischen und magnetischen Eigenschaften zu
vereinheitlichen. Einstein hob die Maxwellschen Gleichungen auf eine noch
höhere Vereinheitlichungsstufe. Die von Salam-Weinberg erdachte Theorie vereinigte halbwegs erfolgreich im
Rahmen der Quanten- und Gruppen-Theorie die Schwache- und Elektromagnetische
Wechselwirkung. Die Starke Wechselwirkung gesellt sich, wenn auch etwas
widerwillig in Richtung Salam-Weinberg-Theorie. Das Theoriegebäude der AR
wiedersetzt sich jedoch bis heute erfolgreich, den anderen drei Kräften anzunähern.
Das liegt in erster Linie an ihrer mathematischen Struktur. Die AR ist ein Gebilde
der Differentialgeometrie, die anderen drei Wechselwirkungen dagegen Gebilde der
Gruppen- und Quantentheorie. Selbst Einstein versuchte sich erfolglos an einer
einheitliche Theorie der Kräfte auf der Grundlage der AR. Vielleicht muss man
den Grund der Erfolglosigkeit in seiner hartnäckigen Ablehnung gegenüber
Teilen der Quantentheorie suchen. Einsteins berühmter Ausspruch „Gott würfelt
nicht“ bezieht sich auf die seltsamen Effekte der Quantenstatistik, die
eben nur statistische Aussagen über Teilcheneigenschaften wie Ort und Impuls
erlaubt. Einsteins AR ist eine streng deterministische Theorie, d.h. man kann,
sofern man die Startbedingungen (Ort und Impuls) eines Teilchens und die
gravitativen Felder, die es durchquert, kennt, zu jeder Zeit seine Position
berechnen. Viele Physiker sehen in der Quantentheorie eine rein statistische
Theorie. Dies ist jedoch kompletter Unsinn. Es gibt in der Quantentheorie streng
deterministische Ergebnisse, wie z.B. die Energieneveaus des Wasserstoffatoms.
Die Statistik in der Quantentheorie kommt immer erst dann ins Spiel, wenn die
Quantenobjekte (wie z.B. das Wasserstoffatom) durch äußere Eingriffe gestört
werden. Eine Störung bedeutet z.B., durch Energiezufuhr das Wasserstoffelektron
von seinem Grundzustand auf ein höheres Energieniveau zu heben. Wann das
Elektron wieder in den Grundzustand zurückfällt (und dabei ein Photon
abstrahlt), kann laut Quantenstatistik keiner vorhersagen. Eine theoretische
Vorhersage ist nur bezüglich der mittleren Verweildauer des Elektrons auf dem höheren
Energieniveau möglich. D.h. die berechnete mittlere Lebensdauer lässt sich nur
mit den aus vielen gemessenen übergangszeiten gebildeten Mittelwert
vergleichen. Ein großes ungelüftetes Rätsel in der Quantentheorie sind
die Massen der Elementarteilchen.
Teilchen |
Masse[MeV/c2] |
Elektron |
0,511 |
Elektron-Neutrino |
<6eV/c2 |
Myon |
105,66 |
Myon-Neutrino |
<0,25 |
Tau-Lepton |
1784 |
Tau-Neutrino |
<35 |
Up-Quark |
<100 |
Down-Quark |
<100 |
Charm-Quark |
~400 |
Strange-Quark |
~1500 |
Bottom-Quark |
~4500 |
Top-Quark |
~175000 |
Die Massen der Quarks sind mit Vorsicht zu genießen, da Sie bisher nicht als freie
Teilchen beobachtet wurden und somit deren Massenangaben stark von dem zugrunde
gelegten Modell abhängen. Bis heute ist nicht ganz klar, ob die
Elementarteilchen wirklich elementar sind, d.h. keine innere Struktur besitzen,
wie z.B. die Nukleonen, die aus drei Quarks bestehen. Doch lassen wir Einstein
selbst zu Wort kommen: „Weder die Newtonsche noch die relativistische
Gravitationstheorie hat bisher der Theorie der Konstitution der Materie einen
Fortschritt gebracht“. Dieser Satz besitzt bis heute Gültigkeit. Doch wenden wir uns nun den Theorien zu, die
(erfolglos) versuchten auf der Grundlage der AR eine Vereinheitlichung der Kräfte
zu erreichen. Schon sehr früh schlugen Kaluza-Klein eine Metrik vor, die
eine einheitliche Formulierung von Gravitation und Elektromagnetischer
Wechselwirkung erlaubt. Die Kaluza-Klein-Metrik bläht das
vierdimensionale Kontinuum zunächst auf 5 Dimensionen auf, um dann aus der
Metrik wieder die Luft heraus zu lassen, um sie wieder auf vier Dimensionen
zusammenschrumpfen zu lassen. Dieses Spiel treiben die in Mode gekommenen
String-Theorien
noch weiter und erheben sich in höher-dimensionale Räume, um später wieder
alles auf den vierdimensionalen Raum zusammenzuknüllen. Um es vorweg zu nehmen,
diese Theorien sind in meinen Augen nichts weiter als willkürliche
mathematische Wucherungen, solange sie unbekannte Phänomene der Theoretischen
Physik, wie z.B. die Berechnung der Elementarteilchenmassen nicht erklären
können. Doch wenden wir uns etwas konkreter der Kaluza-Klein-Metrik zu. Der Metriktensor
der Kaluza-Klein-Form G
AB mit A,B= 1,2,3,4,5 besitzt
folgenden Aufbau (mit m,n = 1,2,3,4)
Dabei ist
das bekannte Viererpotential, aus dem sich das elektromagnetische Feld ableiten lässt. Das Feld
ist skalarer Natur, d.h. eine gegenüber Koordinatentransformationen invariante Funktion. Sowohl der Metriktensor des vierdimensionalen Kontinuums
als auch das Vierepotential und das skalare Feld sind ausschließlich von den Viererkoordinaten
abhängig. Die Fünfte Koordinate x
5 geht somit nicht in die Feldgleichungen mit ein. Das 5-dimensionale Wegelement hat somit die Form
In der Tat ergeben die auf fünf Dimensionen erweiterten
Einsteinschen Feldgleichungen neben der Gravitation auch die Gleichungen für
das elektromagnetische Feld. Es bleiben aber mehr Fragen offen als Antworten
gefunden werden. Es bleibt unklar, warum G
AB nur von den
Viererkoordinaten abhängt. Es bleibt unklar, welche Bedeutung
hat. Und, dieser Ansatz bringt keine neuen Erkenntnisse und ist somit nichts
weiter als eine theoretische Spielerei.