Gravitationswellen gehören (leider) zu den noch nicht
experimentell eindeutig nachgewiesenen Effekten der AR. Wir haben gelernt, dass
die Abweichungen des gekrümmten Raumes vom ungekrümmten oft nur minimal sind,
sieht man mal von dem All-Monstern (Schwarze
Löcher, oder relativistischen Sterne) ab. Demzufolge sind Gravitationswellen,
die durch Störungen der Raumzeit hervorgerufen werden können, in der Regel
kaum messbare Phänomene. Wie hat man sich solch eine Störung vorzustellen?
Wirft man einen Stein ins Wasser, verursacht dieser Wellenberge- und Täler.
Eine Explosion verursacht nicht zu überhörende Schallwellen. Im Weltall wäre
solch ein Knall z.B. eine Supernova-Explosion. Man kann zur Veranschaulichung
des Problems auch durchaus Analogien aus der Elektrodynamik heranziehen. Dort verursachen
beschleunigte Ladungen elektromagnetische Wellen (z.B. die ungeliebte
Synchrotronstrahlung in Teilchenbeschleunigern). Da in der Natur überwiegend
periodische Vorgänge zu beobachten sind, man denke an die „Umkreisung“ des
Atomkerns durch ein Elektron oder analog dazu die Umkreisung der Sonne durch
ihre Planeten, versucht man es am besten mit periodischen Störungen.
Werfen wir zunächst einen Blick durchs Elektronenmikroskop. Im halbklassischen Bild
besteht das Wasserstoffatom aus einem
Proton, welches von einem Elektron umkreist wird. Durch Abstrahlung von Energie
(eines Photons) kann ein Elektron von einer höheren Bahn auf eine niedrigere
„hüpfen“ (dabei auftretende physikalische Probleme vergessen wir an dieser
Stelle). Die Feldquanten oder „Austauschteilchen“ der Gravitation nennt man
treffend Gravitonen. Nun spricht
nichts dagegen, dass ein Elektron bei einem Bahnhupferl auch ein Graviton
abstrahlen könnte, wenn entsprechende Erhaltungssätze erfüllt sind (insbesondere
der Drehimpulserhaltungssatz mit Blick auf den Spin des Gravitons). Eine abschätzende
Rechnung führt jedoch schnell zu Depressionen. Da die elektromagnetische Kraft
im atomaren Bereich das Sagen hat, wird ein Elektron nur äußerst selten dem
Graviton gegenüber dem Photon den Vortritt lassen. Auf 10
44 Photonen
kommt lediglich ein einsames Graviton.
Wenn die Ausbeute beim rotierenden Elektron zu dünn ist, lassen wir doch einen
riesigen Metallbalken rotieren. Die
experimentellen Grenzen sind durch die Materialeigenschaften des Balken gegeben.
Geht man von einem 20 m langen und 500 Tonnen schweren Balken aus, so ist eine
Rotationsfrequenz von 30 Umdrehungen pro Sekunde gerade noch vertretbar. Darüber
hinaus würde es das Metall zerreißen. Die Strahlungsleistung eines so
dimensionierten Balken liegt bei enttäuschenden 10
-29 Watt, also
weit unterhalb der Nachweisgrenze.
Wir müssen unser Labor also ins All verlegen, wo alles etwas größer ausfällt. Doppelsternsysteme,
also zwei Sterne, die sich um ihren gemeinsamen Schwerpunkt bewegen, bilden das
ideale Experimentierobjekt. Durch die Abstrahlung von Gravitationswellen
verliert das System an Energie. Dadurch verringern sich der Abstand beider
Sterne ständig, bis sie ineinander stürzen. Das Doppelsternensystem mit dem hübschen
Namen PSR 1913+16 hat man über lange Zeit beobachtet und kann die durch
Abstrahlung von Gravitationswellen gemessenen Effekte (die auch wieder sehr
klein waren) durch theoretische Vorhersagen bestätigen. Ein kleiner Erfolg,
klein deshalb, weil die Gravitationswellen nicht direkt gemessen wurden.
Es gibt noch eine Reihe von weiteren fein ausgetüftelten Experimenten. Mir ist
jedoch nicht bekannt, dass durch irgendein Experiment der direkte zweifelsfreie
Nachweis von Gravitationswellen gelungen wäre :-(. Wie kommt aber Einstein überhaupt darauf,
Gravitationswellen vorherzusagen? Dazu müssen wir wieder ein wenig in die
Theoriekiste greifen. Wir gehen von den quellenfreien Feldgleichungen aus, d.h.
Da es sich beim weiteren Vorgehen um ein Näherungsverfahren
handelt, muss man sich zunächst über die Größenordnungen im klaren sein. Wir
zerlegen dazu den Metriktensor in zwei Teile
stellt dabei den Metriktensor des Minkowski-Raumes dar, also für
gravitationsfreie Verhältnisse.
soll einen kleinen Anteil darstellen, der die Störung des
Minkowski-Raumes beschreibt, also muss gelten
Terme, die
oder Ableitungen von
enthalten bezeichnen wir als klein von erster Ordnung.
ist von nullter Ordnung. Dann wäre z.B. das Quadrat von
klein von zweiter Ordnung usw.. Werfen wir einen kritischen Blick auf die
Christoffelsymbole:
Wir haben im letzten Schritt schon Terme, die klein von
zweiter Ordnung sind, weggelassen. Das Christoffel-überbleibsel ist dann nur
noch klein von erster Ordnung. Für den Ricci-Tensor bedeutet dies, dass die
Christoffel-Quadrate wegfallen, da sie in dieser Näherung ebenfalls klein von zweiter Ordnung sind.
In erster Ordnung lautet der Ricci-Tensor somit:
In der geschweiften Klammer heben sich der erste und der vierte Term (Vertauschbarkeit der Ableitungen vorausgesetzt) gegeneinander auf
Wir (d.h. eigentlich ich) wollen folgende Abkürzungen einführen
Das Quadrat
nennt man auch Quabla-Operator. Damit erhalten wir:
Ähnlich wie in der Elektrodynamik kann man diese Gleichungen mit Hilfe einer geeigneten Eichbedingung entkoppeln (d.h.
vereinfachen). Dies gelingt uns mit der Eichbedingung
Das ist auf den ersten Blick nicht ganz einzusehen, deshalb versuchen wir einen zweiten, nachdem wir obige Gleichung etwas umformuliert haben:
Das sind die entkoppelten linearisierten Feldgleichungen. Die Lösungen sind ebene Wellen, eben die gesuchten Gravitationswellen:
Dabei muss für den Wellenzahlvektor k
a gelten k
ak
a = 0. Das ist die relativistische Energie-Impulsbeziehung für masselose Teilchen. Das Graviton ist masselos. In einer quantisierten Theorie wird
zur Wellenfunktion der Gravitonen und man kann anhand ihres Transformationsverhaltens zeigen, dass das Graviton einen Spin 2 mit sich trägt (Spin = Eigendrehimpuls).