Auf dem Weg zu Einsteins berühmten Formel E = mc
2 sind leider
noch ein paar mathematische Klimmzüge notwendig. Wie wir anhand der
Lorentz-Transformationen und der daraus resultierenden Effekte gesehen haben,
lassen sich die Begriffe Raum und Zeit nicht mehr voneinander trennen. Deshalb
ist es sinnvoll, Raum- und Zeit-Koordinaten zu einem Vierervektor
zusammenzufassen. Dieser Vierervektor x
µ ist nichts weiter als die Aneinanderreihung von Raum
und Zeitkoordinaten. Der Index µ kann dabei Werte zwischen 1 und 4 annehmen.
Dabei bezeichnet x
4 die Zeitkoordinate t multipliziert mit c. Möchte man
ein benachbartes Raumzeit-Ereignis betrachten, addiert man zu dem (kontravarianten
Vierervektor einfach die Viererverschiebung
dxµ, also
xµ
+ dxµ. Mit der Verschiebung
dxµ müssen
wir uns noch etwas genauer beschäftigen. Von besonderem Interesse in der
Relativitätstheorie sind Invarianten, also Größen, die in allen
Koordinatensystemen denselben Wert haben. Ein Beispiel für eine Invariante ist
zum Leidwesen der übergewichtigen die Ruhemasse eines Körpers. Es wäre doch
eine feine Sache, wenn man seine überflüssigen Pfunde einfach durch den übergang
in ein anderes Koordinatensystem weg-transformieren könnte. Wir bilden einfach
mal das Verschiebungsquadrat und untersuchen sein Verhalten unter Lorentztransformationen:
Setzen wir die Lorentztransformationen ein, so sieht man nach kurzer Rechnung (die Sie
bitte selber durchführen), dass
Jedoch führt der folgende Ansatz zum Ziel:
Die Größe ds, welche man
als Wegelement bezeichnet, ist invariant unter
Lorentztransformationen. Invarianz bedeutet, dass die mathematische Form der
Verschiebungsquadrate erhalten bleibt (d.h. man ersetzt einfach die gestrichenen
durch die ungestrichenen Koordinaten). Das Wegelement bildet das Fundament der
Allgemeinen Relativitätstheorie und hat es somit verdient, noch etwas genau
beleuchtet zu werden. Ich will Sie noch kurz mit einer Vereinbarung bekannt
machen, die Einstein erfunden hat, um sich lästigen Schreibkram zu ersparen.
Die Einsteinsche Summenkonvention:
In Worten bedeutet die Einsteinsche Summenkonvention folgendes: über
gleiche Indizes (oben- und unten-stehend) wird aufsummiert. Das war’s schon. Wir (oder besser ich)
wollen noch kurz auf eine weitere Formulierung von ds
2 eingehen. Wir
fragen uns: Wie muss eine „Größe“ aussehen, welche die Verschiebungen dx
µ
richtig zu dem invarianten Wegelement-Quadrat ds
2 verknüpft? Wir machen den Ansatz
und müssen dieses mal über zwei Indizes aufsummieren. Durch scharfes
Hinsehen erkennt man, dass der Metriktensor
die Form (dabei sind die Komponenten des Metriktensors in
Matrixform dargestellt)
hat. Wobei µ die Zeilen und n die Spalten von 1 bis 4 durchnummeriert. Bei der Summenbildung bleiben nur die
Diagonalelemente des Metriktensors mit den entsprechenden Verschiebungsquadraten
übrig. Oft ist auch die folgende Form des Metriktensors in Gebrauch, die
auch ich im weiteren Verlauf verwenden werde:
In der Allgemeinen Relativitätstheorie werden wir sehen, dass der
Metriktensor das Potential des Gravitationsfeldes bildet, d.h. im "Allgemeinen"
werden die Diagonal- und auch Nicht-Diagonal-Komponenten von g
µ nicht von den Koordinaten selbst abhängen. Eine Sache noch, bevor wir gleich zu E = mc
2 kommen. Wir wollen in das Ruhesystem eines Massepunktes
transformieren. Ruhesystem bedeutet, dass der Körper in diesem (oder besser
seinem) Ruhesystem räumlich nicht verschiebbar ist, also dx = dy = dz = 0 gilt. Für ds
2 ergibt sich dann ds
2
= c
2dt
2. Da ds eine Invariante ist, ist auch dt eine. Die invariante Koordinate t bezeichnet man als Eigenzeit, weil t
im Ruhesystem mit der Zeitkoordinate t zusammenfällt. Wir teilen mathematisch etwas unsauber den Verschiebungs-Vierervektor
dx
µ durch dt und erhalten den wichtigen Vektor der Vierergeschwindigkeit u
µ.
Man darf die Verschiebungen nicht einfach durch dt teilen, da sonst u
µ
kein Vierervektor wäre. Vierervektoren zeichnen sich durch eine spezielle
Transformationsvorschrift aus, auf die ich nicht weiter eingehen will, um die
Materie nicht noch undurchdringlicher zu machen. Wir wollen den Ausdruck für
die Vierergeschwindigkeit noch ein wenig umformen:
Mit Hilfe der im nächsten Kapitel gefunden Zeitdilatation ergibt sich schließlich
Wir definieren auch gleich den Viererimpuls als Produkt der Ruhemasse m
0
eines Körpers mit seiner Vierergeschwindigkeit
und bilden noch schneller die Invariante
Wenn man die Impulskomponente p
4 mit der Energie E (Genauer
E/c) eines Teilchens identifiziert haben, wir mit der letzten Gleichung Einsteins
berühmten Energie-Impuls-Beziehung gefunden
Dabei ist p der (räumliche) Impuls eines Körpers. Nach obiger Definition ist
oder kurz
E = mc2
Mit
Die Masse ist also eine geschwindigkeitsabhängige Größe. So einfach diese Gleichung aussieht, so schwer und steinig ist der Weg
zu ihrem Auffinden. Es gibt eine Reihe von Herleitungen dieser weltberühmten
Formel, jedoch ist die im Rahmen der relativistischen Mechanik die grundlegenste.
Was diese Formel für weitreichende Konsequenzen hat, werden wir im nächsten
Kapitel sehen.